Wie Emotionen und Gefühle deine Gesundheit mitbestimmen
Es gibt eine Konstante, die uns lebenslang, alltäglich, ja sekündlich begleitet: unsere Gefühle. Zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens fühlen wir etwas. Auch wenn wir meinen, von unseren Gefühlen abgeschnitten zu sein, nehmen wir genau diese Leere oder Taubheit wahr.
Gefühle begleiten uns vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens und sie sind im und vom Körper gemacht. Er ist unser Seismograph für Empfindung und Wahrnehmung.
In diesem Artikel möchte ich die Bedeutung von Gefühlen, Emotionen und ihren Einfluss auf unsere psychoemotionale Gesundheit beleuchten. Es geht dabei um häufige Missverständnisse, neuste Forschungsergebnisse aus der Neurowissenschaft und Affektforschung und weibliche Superpower.
Das Missverständnis über Emotionen
Wir sind es gewohnt, diese Gefühle und Empfindungen in positiv und negativ bzw. erwünscht und abgelehnt einzuteilen oder zu bewerten. Ich glaube, genau hier liegt eine Ursache für vieles an Schmerz und Leid, was uns vermeintlich im Leben widerfährt.
Indem wir bestimmte Gefühle immer haben/ fühlen wollen und manche vermeiden wollen, stellen wir uns gegen das Leben, gegen natürliche Zyklen und auch negieren wir eine der wichtigsten Informationsquellen überhaupt. Unser Gefühlszustand verrät uns nämlich ziemlich genau, wie es um unsere körperlichen, geistigen und emotionalen Ressourcen bestellt ist und was wir gerade brauchen, um unsere Balance wieder herzustellen.
Nur haben wir im Rausch der aktuellen Zeit und unserer gesellschaftlich üblichen Konventionen verlernt, diese Sprache zu verstehen und entsprechend adäquat einzuordnen. Dabei wird unsere emotionale Konfiguration wesentlich von unserem Umfeld mitgeformt.
Gefühl und Emotion als Begriffe werden bei uns 'Westlern' häufig synonym verwendet. Außerdem wird in den meisten therapeutischen, pädagogischen und psychologischen Kontexten auch weiterhin mit dem überholten Konzept der Basisemotionen nach Paul Ekman gearbeitet, obwohl es bereits neue Erkenntnisse aus der neurowissenschaftlichen und Emotionsforschung gibt.
Hier ist dringend ein Update notwendig.
Neue Perspektiven aus der Neurowissenschaft

Deshalb möchte ich mich an einen Definitionsversuch heranwagen, der die moderne Forschung zum Beispiel der bekannten Neurowissenschaftlerin Lisa Feldman Barrett mit einbezieht.
Emotionen sind bedeutungsvolle Erlebnisse des gesamten Körpers, die durch unser Gehirn konstruiert werden und zwar auf Basis unserer individuellen Interpretation körperlicher Empfindungen in einem bestimmten Kontext. Emotionen entstehen auf Grundlage von individuellen Erfahrungen, Sprache, Kultur und momentaner körperlicher Verfassung und nicht automatisiert und universell, wie häufig behauptet wird.
Dabei ist wichtig zu verstehen, das Emotionen keine fixierten, biologisch vorgegebenen Programme sind. Sie sind immer situative Interpretationen körperlicher Zustände, die in eine kulturelle Bedeutung, individuelle und kollektive Geschichte und soziales Lernen eingebettet sind.
Die Interpretation von körperlichen Zuständen wird auch Interozeption genannt. Das Gehirn konstruiert Emotionen vorausschauend, basierend auf allem was wir bisher erfahren und gespeichert haben. Das bedeutet, alles was jemals gelernt, durchlebt und als Muster im Gehirn abgespeichert wurde, dient auch der Emotionskonstruktion und damit bestimmt dies auch das individuelle Weltbild.
Ein Gefühl hingegen ist die bewusste Wahrnehmung und subjektive Bewertung einer Emotion, also ein inneres Erleben, welches uns Informationen darüber vermittelt, wie wir unsere momentane körperlich-seelische Lage deuten.
Im Unterschied zur Emotion, welche unbewusst im Gehirn kostruiert wird (oft in Millisekunden und damit nicht fassbar für das Bewusstsein), sind Gefühle das bewusst erlebte Resultat dieses Prozesses. Gefühle sind also das, was wir empfinden, nachdem das Gehirn aus körperlichen Empfindungen und Kontextinformationen eine Bedeutung gemacht hat. Gefühle benennen somit die empfundene Emotion. Je besser wir diese Gefühle benennen und differenzieren können, desto stabiler ist unser psychoemotionales Fundament und damit auch die individuelle Reselienz.
Realität ist allerdings, dass wir unangenhme Empfindungen loswerden möchten und schöne Gefühle möglichst für immer festhalten wollen. Doch das Leben und der Alltag lehrt uns, dass es immer mal Gefühlschaos, ein Auf und Ab der Gefühlswelt gibt und diese stetig im Fluss ist, so wie das Leben selbst auch.
Zyklisches Empfindungsvermögen als Superkraft
Hier haben Frauen tatsächlich einen Vorteil, da sie aufgrund ihrer körperlich-zyklischen Natur in der Regel intensiver mit ihren Empfindungen verbunden sind. Sie merken meist eher, wann der Akku leer ist oder wann genug Ressourcen verfügbar sind. Im Patriarchat als hysterisch, launisch oder empfindlich degradiert ist das die eigentliche wahre feminine Superpower: ein kluger Umgang mit vorhandenen Ressourcen.
Denn die emotional-differenzierte Welt von Frauen spricht eine äußerst deutliche Sprache: wann körperlich, seelisch-emotional und geistig Energie und Ressourcen zum Handeln, Tun und Machen leicht zur Verfügung steht und wann alle Systeme Zeit für Regeneration brauchen. Die Stimmung drückt das jeweilige Bedürfnis eindeutig aus.

Reality – Hack:
Beobachte mehrere Monate deinen natürlichen Menstruationszyklus und notiere dir dein jeweiliges Energielevel und deine Grundstimmung. Du kannst das täglich tracken, dann hast du eine sehr differenzierte und detaillierte Informationsquelle. Voraussetzung ist, dass du eine natürliche Verhütungsmethode anwendest und dir keine künstlichen Hormone zuführst.
(Wenn dies bei dir der Fall sein sollte oder wenn du bereits in der Phase deiner inneren und äußeren Weisheit angekommen bist oder falls du ein Mann bist und offen für neue Erfahrungen, kannst du die Mondphasen als Orientierungspunkt nutzen – funktioniert genauso gut).
Nach ein paar Monaten kannst du deine Beobachtungen auswerten:
- Gibt es Zusammenhänge von Energielevel, Stimmung und Zeitpunkt/Abschnitt deines Zyklusses (der Phase des Mondes)?
- Wenn ja, welche hast du beobachtet?
- Wann hattest du viel Energie?
- Wann war das größte Bedürfnis nach Rückzug und Pause?
- Welche Erkenntnisse leitest du daraus für dich perönlich ab?
Regeneration – das unterschätzte Bedürfnis
Leider hat das natürliche Bedürfnis nach Pause und Regeneration in unserer modernen leistungsbasierten, konsumorientierten Gesellschaft kaum oder wenig Raum und ist mit einem negativen Touch behaftet: Faulheit, Inkompetenz, Arbeitsscheue... .
Sogar die freien Zeiten sind durchgetaktet mit Terminen, Aktivitäten und Verpflichtungen, so dass es kein Wunder ist, dass der Ruf nach kürzeren Arbeitszeiten immer lauter wird, denn so ist doch auch die Freizeit kein Ort der Erholung mehr.
Fazit
Es ist an der Zeit, unsere Gefühle nicht länger in gut oder schlecht einzuteilen, sondern sie als Wegweiser für ein gesundes, ressourcenorientiertes Leben zu erkennen. Wenn wir lernen, ihnen zuzuhören – wirklich zuzuhören – finden wir nicht nur zurück in unsere Kraft, sondern auch in unsere Lebendigkeit.
Im nächsten Artikel zeige ich dir, wie du deine Gefühle und Emotionen noch viel besser wahrnehmen und deuten kannst. Sie sind der Schlüssel zur Sprache deines Körpers.
Ich freue mich auf dein Feedback (info@fechner-scholz.de) und wünsche dir alles Gute in deinen Tag.