Teil 1
Mental Health – ein Konzept, welches mittlerweile ziemlich populär geworden ist und bis in kleine Unternehmen ausstrahlt. Meist geht es darum die Produktivität, Effizienz und Arbeitsmoral zu stärken sowie Krankenstände zu reduzieren. Viele Methoden und Techniken von Atemübungen über Yoga-Angebote oder auch Achtsamkeitsübungen finden dabei Anwendung.
Kennst du diese Art der Mitarbeiterpflege auch aus deinem beruflichen Kontext oder hast du dich bereits interessehalber mit Achtsamkeit oder anderen Mentaltechniken zur Stressbewältigung auseinandergesetzt?
In dieser Blogartikelserie, bestehend aus drei Teilen, beleuchte ich das Thema mentale Gesundheit aus ungewöhnlichen Perspektiven.
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In diesem ersten Teil geht es um unsere modernen Alltagsstrukturen, ihren Einfluss auf die mentale Gesundheit sowie der Zusammenhang von kulturellen Narrativen und mentaler Resilienz.
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Im zweiten Teil erwartet dich der Zusammenhang von Kommunikationsgewohnheiten und wie diese unsere mentalen Zustände beeinflussen.
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Im dritten und letzten Teil der Blogartikelserie erfärst du, wie du deine mentalen Bedürfnisse für eine gesunde Lebensweise erkennst und ihnen auf gesunde Weise nachgehen kannst.
Viel Freude und Inspiration.

Zunächst möchte ich einige allgemeine Informationen zum Thema „Mental Health“ mit dir teilen, damit wir von einem gemeinsamen Ausgangspunkt starten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert mentale Gesundheit wie folgt:
„Ein Zustand des psychischen Wohlbefindens, der es den Menschen ermöglicht, mit dem Stress des Lebens fertig zu werden, ihre Fähigkeiten zu verwirklichen, gut zu lernen und gut zu arbeiten und zu ihrer Gemeinschaft beizutragen.“
Wie du siehst, legt diese Definition den Fokus stark auf Leistungsfähigkeit und Funktionieren – doch ist das wirklich alles, was mentale Gesundheit ausmacht? Daneben wird 'mentale' und 'psychische' Gesundheit gleichgesetzt, wobei „Psyche“ ein Begriff aus der griechischen Sprache ist und „Atem“ oder „Hauch“ bedeutet und häufig als Übersetzung des Begriffs „Seele“ verwendet wird.
Hier stellt sich die Frage: Ist mental, psychisch und seelisch das Gleiche?
Im Kontext von Wissenschaft und Medizin wird vor allem der Begriff „mentale Gesundheit“ verwendet und bezieht sich hauptsächlich auf kognitive und neurologische Funktionen wie beispielsweise Wahrnehmung, Denken und Problemlösung sowie der Umgang mit Stress und Herausforderungen.
Ein für mich umfassenderes Konzept bietet „seelisches Wohlbefinden“, welches zwar maßgeblich von mentalen Zuständen und Prozessen beeinflusst ist, jedoch die Dimension von Sinn, Spiritualität und tiefen existentiellen Erfahrungen beinhaltet. Seelisches Wohlbefinden ist die Fähigkeit, das individuelle Leben in einen größeren Zusammenhang einzubetten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mentale Gesundheit stärker mit kognitiven Funktionen und neurologischen Prozessen in Verbindung steht und seelische Gesundheit auf emotionale Tiefe, Sinnhaftigkeit und das innere Erleben fokussiert. In der Praxis lassen sich beide nicht vollständig trennen. Ein gesundes Leben bedeutet meist, beide Aspekte in Einklang zu bringen – also sowohl für psychische Stabilität als auch für innere Erfüllung und Sinnhaftigkeit zu sorgen.
In diesem ersten Teil der Artikelserie erfärst du
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wie die moderne Lebensweise uns mental herausfordert
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wie gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Narrative massiv unsere mentale Gesundheit beeinflusst
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welche Lösungen und Strategien für mentale Gesundheit im Alltag helfen
Lass uns gemeinsam schauen, wie du deine seelisch-mentale Gesundheit im Alltag stärken und unterstützen kannst für ein ganzheitlich gesundes Leben.
1. Warum das moderne Leben unsere mentale Gesundheit belastet
Unsere moderne Lebensweise bringt viele Herausforderungen mit sich. Die hohen Erwartungen an Leistung und Multitasking sowohl privat als auch beruflich, ständige Erreichbarkeit und die ununterbrochene Informationsflut setzen unser mentales System ziemlich unter Druck.
1.1 Anforderungen im Alltag
Das Modell der Kleinfamilie, welches in unserer Gesellschaft als Ideal propagiert wird, bringt eine immense Belastung mit sich – besonders für junge Eltern. Sie übernehmen täglich eine Vielzahl von Rollen und Aufgaben, die in anderen Kontexten von Fachkräften mit mehrjähriger Ausbildung ausgeführt werden.
Eltern sind in Personalunion:
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Hauswirtschafter:innen, die für Sauberkeit, Wäsche und Mahlzeiten sorgen,
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Pädagog:innen, die ihre Kinder schulisch und emotional begleiten,
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Seelsorger:innen, die Trost spenden und emotionale Unterstützung leisten,
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Eventmanager:innen, die Freizeitaktivitäten planen, organisieren und druchführen
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Logistiker:innen, die Einkäufe, Termine und Fahrdienste koordinieren,
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Finanzmanager:innen, die Haushaltsbudgets verwalten,
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Gesundheitsmanager:innen, die Arztbesuche organisieren und für eine gesunde Ernährung sorgen
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Facility Manger:innen, die für Wartung und Reparatur der Immobilien, der Gerätschaften und des Hausstandes verantwortlich sind
Diese Aufgaben kommen zu den beruflichen Anforderungen hinzu, die oft ebenso hohe Konzentration und persönlichen Einsatz erfordern. Viele Eltern jonglieren all diese Rollen täglich im Minutentakt, meist ohne ausreichende Erholungsphasen.
Wenn doch Freizeitphasen vorhanden sind, greift hier der sogenannte „Freizeitstress“, also die Annahme oder Erwartung, möglichst viel zu erleben, zu sehen und zu unternehmen im Rahmen von eigentlichen Erholungsphasen.
In Fachkreisen gibt es dafür die Bezeichnung Mental Load. Dieser Begriff beschreibt die mentale Belastung, die durch das ständige Organisieren, Planen und Koordinieren von Aufgaben im privaten und beruflichen Alltag entsteht. Dabei geht es nicht um die Erledigung der Aufgaben selbst, die anstrengend ist. Stattdessen geht es um darum, sich ständig bewusst sein zu müssen, welche Aufgaben überhaupt bis wann zu erledigen sind.
Ausschlaggebend bei diesen hohen Alltagsbelastungen ist, dass sie in der Regel über Jahre bis Jahrzehnte andauernde Zustände sind. Es lastet eine enorme individuelle wie auch gesellschaftliche Verantwortung auf jungen Familien, da sie als Hauptsäule eines funktionierenden Kollektives gelten, die die Gesellschaft tragen sollen und für wohlerzogenen, gebildeten Nachwuchs verantwortlich sind.
1.2 Hyperromantisierung von Paarbeziehung und Kleinfamilie

Wie im vorriegen Abschnitt schon deutlich geworden, führen aus meiner Sicht vor allem die sehr engen gesellschaftlichen Strukturen zu einem mentalen Overload vor allem von jungen Eltern mit kleinen Kindern.
Sie sind dazu gezwungen sowohl beruflich als auch privat zu performen und das möglichst perfekt sowie sich auch gleichzeitig um die Selbstoptimierung kümmern zu müssen, damit alles ganz leicht aussieht und sie bei all dem auch noch mental und körperlich gesund bleiben.
In nahezu allen westlich - patriarchal geprägten Kulturen gilt die romantische Zweierbezieung als das Fundament der Gesellschaft und wird per Gesetz gefördert und geschützt.
Was, wenn genau hier eine der Hauptursachen für Überlastung liegt? War diese extreme Dauerbelastung schon immer so? Seit wann sind junge Eltern so oft isoliert, überfordert und gesellschaftlich auf sich allein gestellt? Wie lange gibt es zum Beispiel die „Rabenmutter-Disskussion“ schon, die Frauen in ein enges Korsett presst, wie die ideale Mutterschaft zu sein hat?
Die Hyperromantisierung der Paarbeziehung suggeriert, dass zwei Menschen alles alleine schaffen müssen: Liebe, Haushalt, Beruf, Kindererziehung, emotionale Fürsorge und Alltagsgestaltung. Natürlich führt das in der Folge zu unrealistischen Erwartungen an die Paarbeziehung- alles muss mühelos funktionieren, wahre Liebe überwindet schließlich alle Hindernisse und ist DER Schlüssel für ein glückliches Leben.
Dieses Bild vermitteln uns zumindest Bücher, Filme und andere Medien. Und daran messen wir uns und die Alltagserfahrung, die oft eine völlig andere ist. Das diese überhöhten Erwartungen selbstverständlich zu enormer Enttäuschung führen, ist so praktisch vorprogrammiert. Die eigene romantische Beziehung wird als unzureichend erlebt, wenn sie diesem propagierten Ideal nicht entspricht, was wiederrum den mentalen Druck erhöht.
Werden dann Kinder in diese Konstellation hineingeboren, geht es erst richtig los. Kinder gelten in unseren Gesellschaften als „Privatangelegenheit“. Sie sind dem Wohl und Wehe der Eltern ausgeliefert, da sie vollkommen von ihnen abhängig sind – sowohl emotional, finanziell und sozial.
Die Überlastung von jungen Eltern habe ich weiter oben schon hinreichend dargestellt. Hier noch der Hinweis darauf, dass diese Überforderung in extremen Fällen zu psycho - emotionalem Missbrauch, Traumatisierung und Vernachlässigung führen kann, welches in der Folge die mentale Gesundheit der Kinder bis ins Erwachsenenalter hinein prägt.
2. Auswirkungen auf die Seele
Wie wirken sich nun die in den beiden oberen Abschnitten dargestellten systemisch - gesellschaftlichen Zusammenhänge auf unsere mentale Gesundheit und unser seelisches Wohlbefinden aus?
Oft werden Burnout, Depressionen oder Angststörungen als persönliche Schwäche dargestellt. Doch eigentlich sind sie häufig die logische Folge von einem System, das uns alle auf Dauer seelisch krank macht – ein System, welches Überlastung, Isolation und unfaire Rollenverteilung fördert.
Unsere seelischen Bedürfnisse geraten ins Hintertreffen, weil selbst Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsentwicklung oft einem Effizienz- und Optimierungszwang unterworfen sind.
Muße, die Seele baumeln lassen und den Tag genießen haben in unserer Leistungsgesellschaft keinen guten Ruf und gelten als Faulheit. Und wer möchte schon als faul gelten?
Hinzu kommt, dass das moderne Leben in unserer westlichen Kultur in den letzten 30 Jahren ziemlich laut, unübersichtlich und unvorhersehbar geworden ist. Die letzten 20 Jahre sind geprägt durch das Gefühl permanenter Bedrohung durch wiederaufflammende Konflikte, Wirtschaftskrisen und diffuse Unsicherheiten, Zukunftsängste sowie Gesundheitsbedrohungen.
Außerdem suggeriert der gesellschaftliche Trend zur Selbstoptimierung, dass wir immer produktiver, gesünder und effizienter werden sollten.
All das beeinträchtigt neben der individuellen auch unsere kollektive mentale Gesundheit, setzt uns täglich unter massiven mentalen Druck und führt zu diversen psychischen Belastungen, Zunahme von Depressionen und Burnout, Brainfog sowie Angsterkrankungen.
Es herrscht Fasching im Kopf – ein wildes, chaotisches Durcheinander:
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Informationsflut & Medienkosnum
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Stress & mentale Überlastung sowie
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unfaire Rollenverteilung und -erwartung im Alltag
Die Work-Life-Balance ist außer Kontrolle geraten.
3. Lösungen und Strategien
Puh, das war ein ganz schöner Ritt bis hierhin, nicht wahr? Wie können wir diese Herausforderungen nun meistern und unser Leben in gesunde Bahnen lenken? Wie gelingt es dennoch unsere mentale und seelische Gesundheit zu fördern?

Ein wichtiger Schritt ist die Erkenntnis, dass mentale Herausforderungen nicht nur individuell entstehen, sondern oft ein Spiegel ungesunder gesellschaftlicher Strukturen sind.
Denn warum fühlen sich so viele Menschen erschöpft und gestresst, obwohl sie meditieren, Yoga machen, Achtsamkeit praktizieren oder Journeling betreiben? All diese Methoden sind wichtig und gut, doch sie allein reichen nicht aus.
Langfristig sollte es darum gehen unser derzeitiges gesellschaftliches Modell vom Zusammenleben und Kinder großziehen zu überdenken und in gesündere Strukturen zu überführen.
Und es gibt durchaus alternative Möglichkeiten:
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ungewöhnliche Familienmodelle: Co-Parenting, Patchwork, Mehrgenerationenhäuser, gewählte Familien, Gemeinschaften
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das Wohl von Kindern als gesellschaftliche Verantwortung in den Mittelpunkt allen Handelns zu stellen: kollektive Kindererziehung
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Kernfamilie als eines von vielen möglichen Modellen sehen
Als zweiten Schritt hilft es, sich der Anforderungen in deinem persönlichen Leben bewusst zu werden. Du kannst dafür gern die folgenden Fragen als Anregung nutzen und schriftlich für dich beantworten.
Frage dich:
- Welche Rollen, Dienstleistungen und Aufgaben erfüllst du in deinem täglichen Leben, sowohl privat als auch beruflich?
- Welche davon tragen dich und welche belasten dich?
- Hast du Raum und Zeit für nährende, soziale Kontakte? Schaffst du es, erfüllende Freundschaften zu pflegen?
- Wieviel Zeit und Raum nimmt die Beschäftigung mit digitalen Medien in deinem täglichen Leben ein? Erfüllt dich diese Zeit oder laugt sie dich aus und lässt dich leer zurück?
Wenn du diese Fragen ehrlich und ungeschönt für dich beantwortest, hast du einen kleinen Überblick über deine persönliche Situation.
Der nächste Schritt ist zu schauen, wo es notwendig ist klare Grenzen zu setzen – bewusste Pausen einzubauen, Aufgaben zu delegieren oder ganz wegzulassen und realistische Erwartungen an dich selbst zu stellen. Diese Strategien fördern deine mentale Regeneration.
Ein weiterer Bereich betrifft deinen bewussten Medienkonsum – auch hier sind gezielte Pausen von Social Media, „News-Fasten“ oder Zeiten ohne digitale Geräte in deinen Alltag einbauen essentiell. Dies hilft, den Geist zu entlasten und reduziert deinen mentalen Stress enorm.
Stattdessen Zeit in der Natur verbringen, spazieren gehen und Zeit mit angenehmen Menschen verleben nähren die Seele und fördern deine mentale Gesundheit.
Regelmäßig Gedankenhygiene praktizieren und immer wieder zu entscheiden, welche medialen Inhalte dir guttun und deine persönliche Entwicklung fördern ist ebenfalls unverzichtbar für deine mental–emotionale Stabilität.
Bezüglich des Selbstoptimierungswahns hilft nur, sich erlauben, „gut genug“ zu sein – das eigene Wohlbefinden in den Mittelpunkt zu stellen, statt unrealistischen Idealen nachzujagen.
All diese Strategien sind eine Ausdrucksform deines Selbstwertes. Sei es dir wert, selbstbestimmte Entscheidungen über deine seelisch–mentale Gesundheit zu treffen, indem du sehr gezielt auswählst, womit du dich beschäftigst. Mehr zum Thema Selbstwert erfährst du in meinem Blogartikel: Selbstwert
Das Pflegen guter Gedanken für eine positive Ausrichtung und Lebenshaltung darf einen angemessenen Raum in unserem täglichen Leben einnehmen, um unser mentales und seelisches Wohlbefinden zu fördern.
Sortiere aus, was dir nicht mehr dient, was dich überlastet und suche nach kreativen Möglichkeiten, dir deinen Alltag zu erleichtern.
Was tut dir wirklich gut?
4. Fazit: Deine mentale Gesundheit in die eigene Hand nehmen
Mentale Gesundheit und seelisches Wohlbefinden sind eine essenzielle Grundlage für ein erfülltes Leben. Unsere moderne Welt fordert uns mit Dauerstress, Informationsflut und hohen gesellschaftlichen Erwartungen heraus – oft auf Kosten unseres inneren Gleichgewichts.
Doch du hast die Möglichkeit, bewusst gegenzusteuern.
Indem du klare Grenzen setzt, bewusst mit digitalen Medien umgehst, soziale Ressourcen stärkst und den Druck der Selbstoptimierung hinterfragst, kannst du deine mentale Widerstandskraft nachhaltig fördern.
Die entscheidende Frage lautet: Was braucht deine Seele wirklich?
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Welche der genannten Herausforderungen kennst du aus deinem Alltag?
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Mehr zum Thema Selbstwert findest du in meinem Blogartikel: Hier klicken!
➡ Sei es dir selbst wert, für dein seelisch-mentales Wohlbefinden aktiv zu werden!
Freu dich auf den zweiten Teil der Serie mit Schwerpunkt zu unseren üblichen Kommunikationsgewohnheiten und wie diese unsere mentale Gesundheit beeinflussen.