Kooperation – ein Weg aus Konkurrenz und Burnout?


Der Abschluss unserer Zeitreise

Unsere Reise ins Britische Empire neigt sich mit diesem Artikel dem Ende entgegen. In den vorangegangenen Beiträgen „Der Ursprung dystopischer Szenarien und ihr Einfluss auf unsere Resilienz" sowie „Evolutionstheorie, Konkurrenz und Erschöpfungszustände" sind wir tief eingetaucht in die Vorstellungs- und Glaubenswelt des 18. und 19. Jahrhunderts.
Diese Zeit markierte den Beginn der sogenannten industriellen Revolution. Es herrschte Aufbruchsstimmung, Machtstreben um jeden Preis und gleichzeitig bitteres Elend und Verwahrlosung – zumindest in den aufstrebenden Städten.
Wir haben gemeinsam erforscht, wie individuelle Beobachtungen zu komplexen Weltbildern und Theorien zusammengesetzt werden. Und wir haben einen wichtigen historischen Aspekt beleuchtet, der zwar ebenfalls als Einzelthema durchaus Beachtung findet, doch die möglichen Konsequenzen oft nicht im Zusammenhang gesehen werden.


In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, dass unsere wahre Natur Verbindung, Verbindlichkeit und Miteinander ist. Anhand aktueller psychologischer Forschungsergebnisse zeige ich dir, wie ich zu diesem Schluss komme. Bereit für die letzte Etappe?

Dein Lichtblick: die Kooperationsalternative

Kooperation statt Konkurrenz! Doch das will wieder neu erlernt werden. Nach insgesamt über 500 Jahren der Missgunst, des Verrats und des gegenseitigen Misstrauens ist es an der Zeit, dass wir uns wieder erinnern, wer wir wirklich sind:

kooperative und mitfühlende Wesen.

 

Glaubst du nicht?


An dieser Stelle möchte ich dich herausholen aus dem Sumpf von Konkurrenzgedanken, Machtmissbrauch und dir ein Stück Hoffnung geben. Denn die gibt es!


Was ist anekdotische Evidenz?


Zunächst möchte ich noch kurz den Begriff „anekdotische Evidenz" aus dem ersten Artikel dieser Serie für dich auflösen. (Lies also unbedingt beide vorhergehende Beiträge, damit du diesen Artikel hier im Zusammenhang vesrtehst: 1. Teil und 2. Teil!)


Es handelt sich bei dem Begriff: "anekdotische Evidenz" um einzelne, individuelle Beobachtungen, im Gegensatz zur statistischen Evidenz, der echte Zahlen und zielgerichtete Forschung zugrunde liegen.
Anekdotische Evidenz ist individuell und hat mit der Lebensrealität der beobachtenden Person zu tun, das auf jeden Fall. Die Person färbt ihre Beobachtungen immer durch den Filter der eigenen Erfahrungs- und Lebenswelt und ihrer kulturellen Prägung. Doch schaut man sich die Zahlen oder Erhebungen im Rahmen von wissenschaftlichen Studien an, kann ein ganz anderes Bild entstehen.


Viele ethnologische Forschungen haben nämlich gezeigt, dass wir Menschen viel kooperativer und sozialer sind, als allgemein seit Malthus & Darwins Tagen behauptet wird. Beide Forscher haben von ihrer individuellen Beobachtung und Erfahrung (also ihrer persönlichen anekdotischen Evidenz) auf allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten geschlossen.
Doch bisher ist es noch zu keiner extremen Hungerkatastrophe weltweit gekommen. Es sind nach wie vor Einzelphänomene, die häufig auf strukturelle Versorgungsprobleme oder Naturkatastrophen, menschengemachte Kriege, Börsenspekulationen oder ähnliches zurück zu führen sind.

Vorbild Natur: Die Kooperations-Revolution

In der biologischen Forschung spricht man seit längerem bereits von der „Kooperations-Revolution", denn die Evidenz für Kooperation in der Natur ist überwältigend:

Beispiele aus der Natur:

  •  Mykorrhiza: Pilze und Pflanzen tauschen Nährstoffe aus - ohne diese Symbiose gäbe es keine Wälder 
  •  Darmbakterien: Unser Überleben hängt von Milliarden kooperierender Mikroorganismen ab 
  • Schwarmverhalten: Von Fischschwärmen bis Bienenstöcken - Kooperation als Überlebensstrategie 
  • Mutualismus: Putzerfische, bestäubende Insekten, Ameisen-Pilz-Landwirtschaft – Artenübergreifende Kooperationen, also Lebensgemeinschaften verschiedener Arten zum gegenseitigen Nutzen 

Sogar vermeintliche "Konkurrenten" kooperieren oft: Bäume warnen sich über Wurzelnetzwerke vor Schädlingen und teilen Ressourcen.
All diese Beispiele - und es gibt noch viel mehr davon - zeigen uns, wie es funktioniert. Und das sogar über Artengrenzen hinweg. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass unser gesamter Planet in gesunden Kreisläufen und Kooperationen funktioniert.

Was wenn Kooperation das eigentliche "Naturgesetz" ist?

Rebecca Solnit hat in "A Paradise Built in Hell" genau das dokumentiert: Bei Erdbeben, Überschwemmungen, Terroranschlägen entstehen spontan solidarische Gemeinschaften. Menschen teilen Ressourcen, helfen Fremden, organisieren sich selbst und das ganz ohne Zwang oder Hierarchien.
Das "Chaos" entsteht meist erst durch offizielle Interventionen, die diese natürliche Solidarität zerschlagen. Hier ist die Katastrophenforschung eine wahre Goldgrube an Belegen für die unglaubliche Kooperationsfähigkeit von dir und mir, uns allen.

Fragen für deinen Alltag
Auf unseren Alltag bezogen können wir uns fragen:

 

  • Was, wenn deine Kollegin froh über ihren Job ist und niemand an deinem „Stuhl sägt"?
  • Was wenn dir im Notfall niemand etwas wegnimmt, sondern im Gegenteil: eigene Ressourcen ganz selbstverständlich mit dir teilt?
  • Was wenn alles, was wir über den notwendigen Wettbewerb und Konkurrenzdruck in unserem ökonomischen System, Gewinnen und Verlieren, soziale Ungleichheit zu wissen glauben auf einer eklatanten Fehleinschätzung der menschlichen Natur basiert?

Was, wenn Kooperation die wirkliche menschliche Natur ist?

Die versteckten Kosten der Konkurrenz

Bevor ich dir zeige, wie ein anderes Weltbild funktionieren könnte, möchte ich dir kurz aufzeigen, welche Auswirkungen unser aktuelles wirtschaftliches und gesellschaftliches System noch hat. Unser derzeitiges ökonomisches System privatisiert die Gewinne, während die wahren Kosten auf die Allgemeinheit verlagert werden: 

⚡Umweltzerstörung, Klimawandel, Krankheitsfolgen durch chronischen Stress, Burnout, soziale Isolation - all das sind die "versteckten Rechnungen" einer Gesellschaft, die auf Konkurrenz und Hierarchien aufbaut.

⚡Diese Kosten trägst letztendlich du: durch höhere Krankenkassenbeiträge, Klimafolgen, eine erschöpfte Gesellschaft.

Was wenn diese "Kollateralschäden" gar nicht unvermeidlich sind, sondern direkte Folgen eines Systems, das gegen unsere kooperative Natur arbeitet?

Gelebte Praxis: Schenk- Ökonomien 🎁

In einigen indigenen Gesellschaften ist die kooperative Grundhaltung bis heute lebendig. Dort leben Menschen in sogenannten Schenk-Ökonomien. Das sind Wirtschaftssysteme, die das genaue Gegenteil von Konkurrenz darstellen.
Eine Gift Economy oder Gift Culture ist ein Tauschsystem, in dem Werte nicht verkauft, sondern verschenkt werden. Und das „Verrückte" aus unserem gängigen Verständnis heraus ist, dass dies absichtslos und aus reiner Freude am Geben geschieht. Das soziale Miteinander, gegenseitiges Vertrauen, Verlässlichkeit und das Allgemeinwohl stehen hier im Zentrum gesellschaftlichen Handelns und Wirtschaftens.
Und weil alle in diesen Gesellschaften so denken und handeln, ist für alles und alle gesorgt. Diese Formen der Ökonomie existieren aktuell parallel und stehen in direktem Gegensatz zur Konkurrenzlogik, die unsere modernen Gesellschaften prägt.

Beispiele aus verschiedenen Kulturen:

  • Potlatch der First Nations der Nordwest-Pazifik-Küste: Der Potlatch ist ein zeremonielles Fest mit großzügigen Geschenken, das von indigenen Völkern der Pazifikküste Nordamerikas – insbesondere den Kwakiutl und Tlingit – praktiziert wird. Er dient dazu, Reichtum zu zeigen, Ressourcen umzuverteilen und den sozialen Status innerhalb der Gemeinschaft zu festigen.
  • Kula-Ring der Trobriand-Inseln: Ein komplexes Netzwerk rituellen Gabentausches zwischen Inselgemeinschaften, das soziale Bindungen und Vertrauensstrukturen über große Entfernungen hinweg stärkt.
  • Inuit-Tauschsysteme: Traditionelle Verteilungspraktiken, bei denen Jagdbeute und Ressourcen gemeinschaftlich geteilt werden, um das Überleben aller zu sichern.
  • Ubuntu-Philosophien vieler afrikanischer Kulturen: Eine Lebenshaltung, die das Miteinander über das Individuum stellt, es gilt die Grundhaltung: „Ich bin, weil wir sind."

Diese Beispiele zeigen, dass menschliches Miteinander nicht zwangsläufig auf Konkurrenz beruhen muss. Kooperation ist nicht nur möglich, sondern sie hat sich in verschiedenen Kulturen über Jahrtausende hinweg als tragfähiges Fundament für Resilienz, Stabilität und Zusammenhalt bewährt.

Entdecke deine kooperative Natur

Ich möchte dir das anhand deines eigenen Verhaltens aufzeigen. Dazu stelle ich dir im Folgenden ein paar Fragen. Du kannst diese schriftlich für dich beantworten oder auch im Freundeskreis diskutieren. Vermutlich kommen ein paar erhellende Erkenntnisse ans Licht.
Hier die Fragen an dich:


Der Weg aus der Erschöpfung

Kooperation, Vertrauen und geteilte Erfahrungen sind wichtige Faktoren für die Vermeidung und die Prävention von Erschöpfung und Burnout. Sich wieder daran zu erinnern, dass diese Fähigkeiten zu unserer natürlichen Verhaltensgrundausstattung gehören, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Resilienz und Salutogenese.
Unsere emotionalen, mentalen und körperlichen Ressourcen füllen sich durch das Eingebettet-sein in einer sicheren, kooperativen gesellschaftlichen Struktur viel nachhaltiger wieder auf. Das ist wie eine Art Schnellladekabel.
Und noch viel besser: Unser biologisches System gerät gar nicht erst in den chronischen Mangel- und Erschöpfungszustand. Denn wie oben bereits kurz angedeutet, spielt unsere körpereigene Biochemie hier eine zentrale Rolle.
In gesellschaftlichen Systemen, die Kooperation und Gemeinwohl als Maxime leben, bilden die Körper und Gehirne viel mehr von den Hormonen und Botenstoffen, die uns vor Stress und Erschöpfung schützen. Außerdem verleihen diese Neurotransmitter die Fähigkeit, konstruktiv mit Herausforderungen umzugehen.

Mein Appell an dich

Erinnere dich an dein Menschenvertrauen!
Auch wenn du unangenehme Dinge mit anderen Menschen erlebt hast, so war mindestens eine Person in deinem bisherigen Leben für dich da, hat dich unterstützt, glaubt an dich und kann dich gut leiden.
Diese eine Person macht den Unterschied!

👥Lass uns gemeinsam den Wandel leben

Du bist nicht allein mit diesen Gedanken. Wenn du magst:
💌 Schreib mir gern an info@fechner-scholz.de und teile deine Erfahrungen
➡️ Teile die Artikelserie gern mit Menschen, die ähnlich denken könnten
👀 schau regelmäßig auf meinem Blog oder meiner Webseite vorbei für weitere Impulse zu einem gesunden und kooperativen Leben und Ideen für deine ganzheitliche Gesundheit